Endbericht im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Heidelberg, Berlin, Freiburg, Karlsruhe, Rottenburg, 31. Oktober 2018 |

Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
BAFA | Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle |
BDH | Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie |
EE | Erneuerbare Energien |
EEG | Erneuerbare-Energien-Gesetz |
EEWärmeG | Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz |
EWärmeG | Erneuerbare-Wärme-Gesetz |
GEG | Gebäudeenergiegesetz |
KfW | Kreditanstalt für Wiederaufbau |
MAP | Marktanreizprogramm |
NWG | Nichtwohngebäude |
PV | Photovoltaik |
RP | Regierungspräsidien |
SFP | Sanierungsfahrplan |
THG | Treibhausgase |
uBRB | Untere Baurechtsbehörde |
WG | Wohngebäude |
4 Empirische-statistische Analyse des Heizungsmarktes in Baden-Württemberg
Ausgangslage und Fragestellung
Ergänzend zu der Analyse der statistischen Daten zur Erfüllung der Nutzungspflicht werden in diesem Kapitel Marktdaten herangezogen, um die Dynamik des baden-württembergischen Wärmemarktes zu untersuchen. Dabei steht die Frage im Vorder-grund, ob und in welchem Ausmaß sich an den Marktzahlen Auswirkungen des EWärmeG auf den Ausbau erneuerbarer Wärme – und auch auf Effizienzmaßnahmen und Energieberatung – zeigen. In diesem Zusammenhang wird auch untersucht, wie sich die Anschlusszahlen an Wärmenetze (als weiterer Erfüllungsoption) entwickelt haben. Effizienzmaßnahmen werden von zwei Seiten beleuchtet: einerseits wird untersucht, inwieweit die Anforderungen des EWärmeG dazu führen, dass notwendige Heizungsmodernisierungen aufgeschoben werden (Attentismus), wie z. B. in (BDH 2018a) vermutet. Andererseits wird betrachtet, inwieweit sich Effekte des EWärmeG in der Zahl von Energieberatung und in der Entwicklung von Förderzahlen zur Gebäudesanierung niederschlagen.
Die Analyse muss eingebettet sein in ein Bewusstsein über die Entwicklung des Gesamtmarktes. Abbildung 4–1 zeigt die Entwicklung des Marktes für Wärmeerzeuger auf Bundesebene seit 2005. Deutlich wird, dass der gesamte Absatz in der Bundesrepublik nach massiven Einbrüchen 2007 auch 2017 noch nicht wieder den Stand von 2005 und 2006 erreicht hat. Während der Ausbau von Erneuerbaren in der Wärmeerzeugung schleppend verläuft, durchdringen vor allem Gas-Brennwertkessel den Markt. 2016 und 2017 konnten Wärmepumpen jedoch im Vergleich zu den Vorjahren stärker zulegen.

Statistische Grundlagen
Die Herausforderung der vorliegenden Analyse ist, dass es keine einheitliche, umfassende Heizkesselstatistik gibt und die vorhandenen Zahlenwerke jeweils eigene Beschränkungen aufweisen. Daher müssen verschiedene Statistiken so zusammengesetzt werden, dass sich ein Gesamtbild ergibt. Zu diesem Zweck werden die folgenden statistischen Quellen genutzt:
- Die Statistik des BDH (anonymisierte Absatzzahlen sowie Multimomentaufnahme 2018) dient sowohl der Betrachtung der Modernisierungsaktivitäten von Heizungsbetreibern als auch der Analyse der Ausbaudynamik von Erneuerbaren in der Wärmeerzeugung.
- Die Schornsteinfegerstatistik zu messpflichtigen Feuerungsanlagen, die mit Öl oder Gas betrieben werden, wird zur Betrachtung von Modernisierungsaktivitäten herangezogen.
- Die MAP-Förderstatistik dient der Untersuchung der Ausbaudynamik von Erneuerbaren in der Wärmeerzeugung.
- Weitere Analysen und Literaturquellen, insbesondere statistische Quellen zur Entwicklung von Heizsystemen im neu gebauten Wohn- und Nichtwohngebäuden. Damit lässt sich abschätzen, welcher Teil der abgesetzten Kessel in den Gebäudebestand geht.
Die wichtigsten statistischen Quellen werden im Folgenden jeweils kurz vorgestellt.
4.2.1 Statistik des BDH
Der Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie vertrat im Jahr 2017 100 Unternehmen und zwei assoziierte Verbände, die insgesamt gut 90 % des Umsatzes der Heizungsindustrie in Deutschland ausmachen (BDH 2018). In Positionspapieren von 20131, 20162 und 20183 argumentiert der BDH, dass Baden-Württemberg bei der Modernisierung von Wärmeerzeugern sowohl nach dem ersten Inkrafttreten des EWärmeG 2010 als auch nach der Novellierung 2015 gegenüber dem restlichen Bundesgebiet zurückgefallen sei (BDH 2016b, 2018a).
Für das Positionspapier 2018 wurde in einer sogenannten Multimomentaufnahme Hersteller nach ihren Absatzzahlen von zentralen Wärmeerzeugern (Gas‑, Öl‑, Holz-Heizkessel und Wärmepumpen) sowie Solarthermieanlagen in Baden-Württemberg befragt. Dabei können vermutlich bei der Zuordnung zum Bundesland Baden-Württemberg Unschärfen entstehen, wenn Installationsbetriebe in mehreren Bundesländern tätig sind. Diese Erhebung deckt die Jahre 2008 bis 2016 ab und wurde wie schon die vorherige Multimomentaufnahme 2016 ergänzend zu den üblichen Erhebungen über die bundesweite Marktentwicklung durchgeführt. Für die BDH-Erhebungen werden die einzelnen Unternehmensdaten durch einen Wirtschaftsprüfer gesammelt, anonymisiert und unter Nennung der teilnehmenden Unternehmen an den BDH übermittelt. Anschließend korrigiert der BDH die Daten entsprechend der geschätzten Marktabdeckung4. Anlagen im Neubau wurden über Zahlen des Statistischen Bundesamtes über Baufertigstellungen und dabei eingesetzten primären Heizenergien herausgerechnet (ebd.). Anschließend wurde differenziert nach Anlagentechnologie ein Modernisierungsindex berechnet, bei dem alle Absatzzahlen auf das Basisjahr 2008 bezogen wurden. Darüber hinaus berechnet der BDH ein Szenario, indem er eine hypothetische Marktentwicklung ohne Einführung des EWärmeG berechnet, unter der Annahme, dass der baden-württembergische Markt sich entsprechend dem Trend in den übrigen Bundesländern entwickelt hätte.
Neben den Multimomentaufnahmen des BDH wurden die veröffentlichten Absatzzahlen des BDH für Wärmeerzeuger in Deutschland genutzt. Darüber hinaus stellte der BDH Absatzzahlen für Wärmeerzeuger in Baden-Württemberg zur Verfügung, die ebenfalls für die Analyse verwendet wurden.
4.2.2 MAP-Förderstatistik
Das Marktanreizprogramm wurde 1999 eingeführt und ist das zentrale Förderinstrument der Bundesregierung für erneuerbare Energien im Wärmebereich. Kleine Solarthermieanlagen sowie Biomasseanlagen und Wärmepumpen unter 100 kW Leistung werden über das BAFA gefördert, größere Anlagen über 100 kW werden über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert. Bei großen Solarkollektoranlagen besteht teilweise ein Wahlrecht zwischen BAFA- und KfW-Förderung (nicht kumulativ). Das MAP zielt primär auf die Förderung von Anlagen im Gebäudebestand ab. Eine Förderung im Neubau ist daher nur noch unter bestimmten Bedingungen möglich (Innovationsförderung).
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) erstellt eigene Statistiken über Anlagen im Gebäudebestand, die von Seiten des BAFA über das MAP gefördert werden. Erfasst werden Anzahl und Leistung bzw. Fläche von solarthermischen Anlagen, Holzheizungen – differenziert nach den Brennstoffen Pellets, Hackschnitzel und Scheitholz – sowie Wärmepumpen. Die Angaben beziehen sich jeweils auf das Jahr der Inbetriebnahme, für 2015 werden das erste und zweite Halbjahr unterschieden. Zahlen für 2017 sind vorläufige Zahlen, da noch weitere Anträge für 2017 eingehen können.
4.2.3 Schornsteinfegerstatistik
Nach der ersten Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes (1. BImSchV), der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen, müssen bestimmte Gas- und Ölheizungsanlagen (neben anderen Anlagen, wie zum Beispiel Biomasse-befeuerte Heizungsanlagen), regelmäßig durch einen Schornsteinfeger auf Abgasverluste und je nach Anlagentyp auch auf Kohlenstoffmonoxid‑, Ruß‑, Ölderivat- und Stickstoffoxidemissionen überprüft werden. Nicht messpflichtig waren bis zum Inkrafttreten der novellierten 1. BImSchV am 22. März 2010 alle Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung kleiner 11 kW. Seit dem 22. März 2010 liegt die Grenze bei 4 kW. Anlagen mit einer Feuerungswärmeleistung größer 4 kW können von der Messpflicht ausgenommen sein, insbesondere sind dies Gas-Brennwertgeräte und gewisse Sonderanlagen. Während die Messungen vor 2010 jährlich erfolgten, hat die BImSchV-Novelle eine turnusmäßige Überwachung eingeführt. Anlagen, deren Inbetriebnahme oder wesentliche Änderung mehr als zwölf Jahr zurückliegt, müssen nun einmal in jedem zweiten Kalenderjahr gemessen werden. Jüngere Anlagen müssen nur einmal in jedem dritten Kalenderjahr überwacht werden (§ 15 Abs. 3 1. BImSchV).
Die Bezirksschornsteinfegermeister melden die Ergebnisse der Messungen jedes Kalenderjahr dem zuständigen Landesinnungsverband. Die Landesinnungsverbände für das Schornsteinfegerhandwerk erstellen jeweils Übersichten über die Ergebnisse der Messungen und legen diese Übersichten im Rahmen ihrer gesetzlichen Auskunftspflichten der für den Immissionsschutz zuständigen obersten Landesbehörde oder der nach Landesrecht zuständigen Behörde vor. In den Schornsteinfegerstatistiken, den sog. „Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks“, wird nicht nur die Häufigkeit von Anlagenmängeln dargestellt, sondern es werden auch Hochrechnungen über den Bestand messpflichtiger Anlagen veröffentlicht. Die Hochrechnung umfasst die im jeweiligen Jahr gemessenen Anlagen und die messpflichtigen, aber im Kalenderjahr nicht gemessenen Heizungsanlagen. Sie differenziert nach Errichtungsdatum und Feuerungswärmeleistung, nicht aber zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden. Die Schornsteinfegerstatistik umfasst nicht alle Anlagen: Erdgas-Brennwertkessel sind nicht messpflichtig und werden daher nicht erfasst. Öl-Brennwertkessel sind zwar messpflichtig, sie werden aus den Statistiken über die Bestandsanlagen herausgerechnet, um kein verzerrtes Bild des Verhältnisses der Anzahl von Öl- gegenüber Gasheizungen entstehen zu lassen.
Ausbau erneuerbarer Wärme im Gebäudebestand
4.3.1 Gesamtschau
Die Analyse der Auswirkungen des EWärmeG muss vor dem Hintergrund des schleppenden Ausbaus der erneuerbaren Wärme in Deutschland gesehen werden. In der Gesamtschau stechen Bayern und Baden-Württemberg hervor, die Vorreiter im Ausbau der erneuerbaren Wärme sind. So machen diese beiden Bundesländer gemeinsam über die Hälfte des Bundesbestands an Solarthermie und an Pelletheizungen aus, obwohl sie nur knapp 30 % der Bevölkerung stellen. Sowohl Solarthermie als auch Pelletkessel im Bestand finden sich zu gut einem Fünftel in Baden-Württemberg und sogar zu annähernd einem Drittel in Bayern (Agentur für erneuerbare Energien 2018; Statistisches Bundesamt 2016). Auch beim Anteil der Gebäude mit erneuerbaren Wärmeanlagen liegt Baden-Württemberg im Bundesländervergleich auf den vordersten Plätzen: Beim Anteil der Gebäude mit Wärmepumpen liegt Baden-Württemberg auf Rang drei (hinter Rheinland-Pfalz und Brandenburg und gleichauf mit Bayern). Bei Pelletfeuerungen und Solarwärme erreicht Baden-Württemberg Rang zwei hinter Bayern. Abbildung 4–2 zeigt jeweils den Anteil der Gebäude mit Wärmepumpen, mit Pelletfeuerungen und mit Solarwärmeanlagen. Bezogen auf den Endenergieverbrauch für Wärme konnte Baden-Württemberg so den Anteil der Erneuerbaren von 13,2 % in 2010 auf 16,0 % in 2016 steigern. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Erneuerbaren im Bund nur von 11,4 % auf 13,2 % des Endenergieverbrauchs für Wärme (Ministerium für Umwelt Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (Hrsg.) 2018; Umweltbundesamt (Hrsg.) 2018).

Eine Vielzahl von Gründen bedingt diesen erfolgreichen Ausbau, die allerdings empirisch-ökonometrisch noch nicht untersucht wurden. Eine Rolle spielen sicher das vergleichsweise hohe Durchschnittseinkommen in Baden-Württemberg und etwas mehr noch in Bayern, die hohen Eigentümerquoten und ein relativ geringer Anteil an Vermietungen sowie ein hoher Anteil von Zentralheizungen (Statistisches Bundesamt 2016b; Statistisches Landesamt Baden Württemberg (Hrsg.) 2016). Außerdem profitieren beide Länder von einer hohen Solarstrahlung und besonders Bayern von hohen Biomassebeständen. Aber auch politische Rahmenbedingungen und die Weiterentwicklung des Ordnungsrechts, örtliche Informations- und Förderprogramme und regionale Energieagenturen, Industrie- und Technologiepolitik sowie die Unterstützung von Forschung und Entwicklung zur Nutzung von Erneuerbaren spielen eine wichtige Rolle. So kamen (Diekmann et al. 2017) auf der Basis einer breiten Indikatorenanalyse zu Erfolgsfaktoren des Ausbaus von Erneuerbaren Energien zu einem Ranking der Bundesländer mit Baden-Württemberg an der Spitze, Bayern fiel nach einem ersten Platz in 2014 auf den dritten Platz ab.
Ein insgesamt ansteigendes Interesse an erneuerbaren Energien spiegelt sich auch in Zahlen des Deutschen Auftragsagentur GmbH. In einer Auswertung von 50.000 Auftragsanfragen haben in Baden-Württemberg 38 % nach solarthermischer Unterstützung oder anderen erneuerbaren Heizungssystemen gefragt. Damit war Baden-Württemberg Spitzenreiter vor Bayern, Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Hamburg kommt als Schlusslicht nur auf 4 % Solarthermie und 13 % Erneuerbare (Deutsche Auftragsagentur in (EUWID 2017)). Bei der Entscheidung für erneuerbare Wärme spielt naturgemäß die Förderung eine große Rolle. Im Überblick zeigt sich, dass sich der Anteil der in Baden-Württemberg im MAP geförderten Anlagen gegenüber dem langjährigen Mittel und insbesondere gegenüber der Periode vor Inkrafttreten des EWärmeG erhöht hat. Diese Erhöhung des Anteils liegt bei Solaranlagen bei 1,9 Prozentpunkten, bei Wärmepumpen bei 2,4 Prozentpunkten und bei Holzfeuerungen insgesamt bei 2,0 Prozentpunkten. Besonders ausgeprägt ist der Anstieg bei den Hackschnitzelheizungen (siehe Tabelle 4–1). Bei den meisten Technologien zeigt sich ein Anstieg während der Geltung der ersten Fassung des EWärmeG, gefolgt von einer weiteren Steigerung seit Inkrafttreten der Novelle 2010. Eine Ausnahme bilden hier die Wärmepumpen, bei denen der baden-württembergische Anteil seit Mitte 2015 hinter dem Anteil zwischen 2010 und Mitte 2015 zurückfällt. Ein leichter Rückgang von der ersten zur zweiten Geltungsperiode zeigt sich auch bei den Scheitholzheizungen (siehe Tabelle 4–1).

Letztlich relevant für die Entscheidung für oder gegen erneuerbare Wärme ist aber auch die Preisstruktur der Energieträger, insbesondere die Preise für Heizstrom für Wärmepumpen, Holzpellets und bei den fossilen Energieträgern leichtes Heizöl und Erdgas. Hier wird deutlich, dass sich der Preis für Wärmepumpenstrom zwischen 2006 und 2014 bundesweit fast verdoppelt hat und auch danach nur geringfügig gesunken ist. Die Erdgaspreise blieben zwischen 2006 und 2017 nahezu konstant. Hingegen zeigt sich seit 2012 ein deutlicher Preisverfall beim Heizöl. Die Pelletpreise sind nur sehr leicht gestiegen, büßen aber in der Gesamtschau ihren Preisvorteil gegenüber Heizöl fast vollständig ein. Letzteres ist ein großer Nachteil für Pelletkessel, da sie in der Regel teurer als Ölkessel sind und Betreiber nun nicht mehr davon ausgehen können, dass sich der Investitionsmehraufwand durch geringere Brennstoffkosten amortisiert. Insgesamt lässt sich somit eine ungünstige Preisentwicklung für erneuerbare Wärmeanlagen feststellen, während Heizölkessel wirtschaftlich attraktiver geworden sind (Verbraucherzentrale NRW 2017).

Eine differenziertere Analyse mit weiteren Datenquellen erscheint insgesamt erforderlich. Daher wird in den folgenden Kapiteln zusätzlich die Datenbasis des BDH betrachtet, in welcher unter anderem der Ausbau erneuerbarer Wärme untersucht wird, und zwar für Holz-Zentralheizungskessel, Solarthermie und Wärmepumpen. Ergänzend wird nachfolgend die Förderstatistik des Marktanreizprogramms analysiert. Dabei wird neben der Entwicklung in Gesamtdeutschland und Baden-Württemberg auch ein Blick auf die Vergleichsländer Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz geworfen.
4.3.2 Wärmepumpen
4.3.2.1 Datenverfügbarkeit
Zu Marktentwicklung von Wärmepumpen im Gebäudebestand steht eine vergleichsweise gute Datenbasis zur Verfügung. Es liegen vor:
- Absatzzahlen des BDH, sowohl für Deutschland als auch für Baden-Württemberg. Die Daten wurden auf Absatzzahlen von Wärmepumpen für Bestandsgebäude umgerechnet, indem jeweils die Zahl der Wärmepumpen in fertiggestellten Neubauten (destatis / Statistisches Landesamt Baden-Wüttemberg) abgezogen wurden.
- BDH-Multimomentaufnahmen, zuletzt aktualisiert in 2018. Der BDH arbeitet hier vor allem mit Angaben in Form von Indizes. Der sogenannte Modernisierungsindex bezeichnet dabei jeweils die Absatzentwicklung in Bestandsgebäuden. Zur besseren Vergleichbarkeit wurde die Index-Darstellung auch für andere Quellen übernommen.
- Schließlich stehen Angaben des BAFA für MAP-geförderte Wärmepumpen im Gebäudebestand zur Verfügung. Die geförderten Anlagen machen allerdings nur einen kleinen Teil des Gesamtmarktes aus.
4.3.2.2 Marktentwicklung von Wärmepumpen im Gebäudebestand
Die auf Basis der Absatzzahlen des BDH errechnete Entwicklung von Wärmepumpen für den Gebäudebestand ergibt für Baden-Württemberg ein eher positives Bild im Vergleich zum übrigen Deutschland. 2008 wurden rund 4.900 Wärmepumpen für Bestandsgebäude abgesetzt, 2016 lag dieser Wert bei rund 5.400 Wärmepumpen. In Deutschland (einschließlich Baden-Württemberg) gingen 2008 rund 44.400 Wärmepumpen in den Gebäudebestand. 2016 war dieser Wert auf rund 30.000 Wärmepumpen gesunken. Abbildung 4–4 zeigt die Entwicklung in Baden-Württemberg und Deutschland ohne Baden-Württemberg als Indexentwicklung. Auch der BDH hat in seiner Multimomentaufnahme von 2018 eine entsprechende Indexentwicklung veröffentlicht, die als Modernisierungsindex bezeichnet wird. Dort stellt sich die Entwicklung in Baden-Württemberg etwas schwächer dar (BDH 2018a). Der Grund dafür ist vermutlich in der Zuordnung der Wärmepumpen zum Neubau zu suchen. Allerdings ist die Datenlage für Wärmepumpenheizung in neu errichteten Gebäuden sowohl in Baden-Württemberg als auch im Bundesgebiet sehr gut, sodass die vorliegende Abschätzung als vergleichsweise belastbar betrachtet werden kann.

In beiden Abschätzungen zeigt sich ein Rückgang der Wärmepumpen in Bestandsgebäuden 2009 und 2010. Diese Entwicklung fand also noch vor dem Inkrafttreten des EWärmeG statt. In Baden-Württemberg hat es nach verschiedenen Vorkommnissen verstärkt Diskussionen gegeben, die Rückwirkungen auf den Markt zumindest für erdgekoppelte Wärmepumpen haben dürften (Staufen, Böblingen, Ludwigsburg, Basel, Landau). Hingegen stiegen die Wärmepumpen-Verkäufe nach dem Inkrafttreten des EWärmeG im Jahr 2011 deutlich an, um im Folgejahr abrupt unter den Bundestrend abzusinken. Ausschlaggebend für den Absatzeinbruch dürfte die Entwicklung der Heizstrompreise gewesen sein. Während Kunden in Baden-Württemberg bis 2011 Zugang zu günstigen EnBW-Heizstromtarifen für Wärmepumpen von 11,02 Ct/kWh nachts und 15,2 Ct/kWh tagsüber hatten, erhöhte die EnBW ihre Wärmepumpentarife Mitte 2011 um 56 % in der Nacht und 13 % am Tag (taz 2011). Bis 2015 wuchs die Zahl der bundesweit angebotenen Wärmepumpentarife deutlich, gleichzeitig stiegen aber die Wärmepumpentarife bundesweit im Mittel auf 21,37 Ct/kWh ((BNetzA & BKartA 2015), vgl. auch Abbildung 4–3). Diese Preisentwicklung hat die wirtschaftliche Attraktivität von Wärmepumpen im Vergleich zu Heizöl- und Erdgaskesseln deutlich verschlechtert. Bundesweit ist dementsprechend ein deutlicher Rückgang im Wärmepumpenabsatz zu erkennen. Allerdings begann der Rückgang des baden-württembergischen Wärmepumpenmarktes schon 2009, also vor Inkrafttreten des EWärmeG. Somit lässt sich eine negative Auswirkung des EWärmeG auf den baden-württembergischen Wärmepumpenmarkt nicht aus den BDH-Zahlen ableiten. Ebenso wenig allerdings zeigt sich die angestrebte positive Entwicklung dieses Marktes. Wahrscheinlicher ist es, dass zumindest ein Teil der hohen Absatzzahlen 2011 als kurzzeitiger Erfolg des EWärmeG zu erklären ist, eine dauerhafte Trendumkehr aber durch die Entwicklung der Heizstrompreise zunichtegemacht wurde. Noch offen ist, ob der deutlich erfreulichere Zuwachs an Wärmepumpen in Baden-Württemberg 2016 eine kurzzeitige Entwicklung bleibt oder zu einer dauerhaften Trendumkehr wird.
4.3.2.3 Entwicklung MAP-geförderter Wärmepumpen im Gebäudebestand
Ergänzend soll ein Blick auf die MAP-geförderten Anlagen im Gebäudebestand geworfen werden. Die Entwicklung der MAP-geförderten Anlagen seit 2010 ist allerdings in Bezug auf den Gesamtmarkt nur wenig aussagekräftig: mit dem weitgehenden Ausschluss von Neuanlagen aus der MAP-Förderung 2010 sank der Anteil MAP-geförderter Anlagen am Gesamtabsatz von 50 % in 2008 auf 10 % in 2010 und 5 % in 2014 (Langniss et al. 2010; Stuible et al. 2016). Abbildung 4–5 zeigt die Absatzentwicklung MAP-geförderter Wärmepumpen im Vergleich zum Gesamtabsatz für den Gebäudebestand.
Deutlich wird vor allem für das Jahr 2016, dass der Zuwachs von Wärmepumpen in Baden-Württemberg weitgehend unabhängig von der Zahl geförderter Anlagen stattgefunden hat. Diese Entkopplung von den geförderten Anlagen war in Baden-Württemberg wesentlich stärker ausgeprägt als im Bund.

Der Indexverlauf in Abbildung 4–6 hingegen zeigt, dass die Entwicklung bei den geförderten Wärmepumpen in Baden-Württemberg und Deutschland weitgehend parallel verlief, wobei die Entwicklung in Baden-Württemberg durchgehend leicht positiver war. Zwar zeigen sich auch hier die Auswirkungen des MAP-Förderstopps 2010 mit einem rasanten Absinken der beiden Indizes. Allerdings lag der Modernisierungsindex für die MAP-geförderten Wärmepumpen in Baden-Württemberg zwischen 2010 und 2015 noch deutlich oberhalb des Index im übrigen Bundesgebiet, hat sich 2017 aber dem übrigen Bundesgebiet wieder angenähert.

Auch die Zahl der neu installierten geförderten Wärmepumpen bezogen auf die Einwohnerzahl vermittelt ein verhalten positives Bild für Baden-Württemberg: von 2010 bis 2015 lag Baden-Württemberg durchgehend deutlich oberhalb des deutschen Durchschnitts, aber hinter dem Spitzenreiter Bayern. Gründe für das noch bessere Abschneiden Bayerns könnten struktureller Natur sein: so kommt Bayern jeweils auf etwas höhere Einkommen und bei den Wohneinheiten auf einen größeren Anteil von Zentralheizungen und Einfamilienhäusern – alles Faktoren, die einen Einbau von Wärmepumpen tendenziell erleichtern. Seit 2016 hat Rheinland-Pfalz zugelegt und liegt nun unter den untersuchten Bundesländern bei den MAP-geförderten Wärmepumpen an erster Stelle, wobei hier Schwankungen aufgrund der absolut gesehen niedrigeren Zahlen als in den großen Flächenländern ggf. eine stärker Rolle spielen können. Baden Württemberg bleibt insgesamt oberhalb des Bundesdurchschnitts (siehe Abbildung 4–7).

4.3.3 Biomasse
4.3.3.1 Datenverfügbarkeit
Bei Biomasse-Anlagen stellt sich die Datenverfügbarkeit etwas schlechter dar als bei Wärmepumpen. Zwar stehen auch hier zur Verfügung:
- Absatzzahlen des BDH für Deutschland als auch für Baden-Württemberg. Die Daten wurden auf Absatzzahlen von Biomasse-Anlagen für Bestandsgebäude umgerechnet, indem jeweils die Zahl der fertiggestellten Neubauten (destatis / Statistisches Landesamt Baden-Württemberg) mit Biomasse-Heizung abgezogen wurden.
- BDH-Multimomentaufnahmen, zuletzt aktualisiert in 2018. Der BDH arbeitet hier vor allem mit Angaben in Form von Indizes. Der sogenannte Modernisierungsindex bezeichnet dabei jeweils die Absatzentwicklung in Bestandsgebäuden. Auch hier wurde zur besseren Vergleichbarkeit die Index-Darstellung auch für andere Quellen übernommen.
- Schließlich stehen Angaben des BAFA für MAP-geförderte Biomasse-Anlagen (Hackschnitzel- und Scheitholzheizungen sowie Pelletfeuerungen) im Gebäudebestand zur Verfügung.
Es fällt jedoch auf, dass die vom BDH angegebenen und auf den Gebäudebestand umgerechneten Absatzzahlen sowohl für Baden-Württemberg als auch im Bundesgebiet für mehrere Jahre niedriger als die MAP-Förderzahlen im Gebäudebestand sind. Dies liegt vermutlich an einer unvollständigen Marktabdeckung des BDH. Der BDH ermittelt die Absatzzahlen anhand der Verkaufszahlen der Mitgliedsunternehmen. Der BDH korrigiert zwar nach eigenen Angaben um eine geschätzte Marktabdeckung; es ist jedoch davon auszugehen, dass die Schätzung im vorliegenden Fall zu vorsichtig ist und die realen Absatzzahlen unterschätzt. Insbesondere müssen die Zahlen im Zeitverlauf mit Vorsicht betrachtet werden. So gibt die BDH-Markstatistik für 2004–2014 eine „Erweiterung des Meldekreises in der Produktionsstatistik „Biomassekessel“ an, welche die Stückzahlen um über 30 % an-wachsen lassen (BDH 2015). Die verhaltene Marktentwicklung in Deutschland zwischen 2009 und 2016 wird auch vom Deutschen Energieholz- und Pelletverband (DEPV) bestätigt, wobei Baden-Württemberg explizit als positive Ausnahme genannt wird (Baulinks 2017). Die Angaben des DEPV zur Zahl der in Deutschland verkauften Pelletfeuerungen zwischen 2009 und 2016 liegen mit Ausnahme des Jahres 2014 durchgängig oberhalb der BDH-Angaben zum Gesamtmarkt – auch dies ein Indiz dafür, dass die Zahl der Biomasseanlagen nach BDH-Angaben insgesamt unterschätzt wird und das Jahr 2014 mit besonderer Vorsicht zu betrachten ist (DEPV 2018).
4.3.3.2 Marktentwicklung von Biomasse-Anlagen im Gebäudebestand
Die Marktentwicklung stellt sich bei den Holz-Zentralheizungskesseln positiv dar: hier liegt Baden-Württemberg durchgehend über dem Bundestrend. In absoluten Zahlen gingen 2008 rund 4.400 Biomasse-Anlagen in den baden-württembergischen Gebäudebestand. Diese Zahl stieg 2016 auf rund 5.700 Anlagen (Basis: BDH Angaben, eigene Berechnungen). Auf Bundesebene hingegen sank die Zahl von rund 32.200 in 2008 auf etwa 22.100 in 2016. Aufgrund der vermutlich unvollständigen Marktabdeckung des BDH bei den Biomasse-Anlagen stellen diese Zahlen vermutlich eine konservative Abschätzung der realen Entwicklung bei Biomasse-Anlagen dar.
Abbildung 4–8 zeigt die Entwicklung als Index, mit Deutschland ohne Baden-Württemberg als Vergleichswert. Wie auf Bundesebene, jedoch etwas abgeschwächt ist ein Einbruch in den Jahren 2009 und 2010 erkennbar. Ab 2011 jedoch entkoppelt sich der Absatz in Baden-Württemberg vom Bundestrend und steigt auf deutlich höhere Werte an. Dagegen erholen sich die Absatzzahlen auf Bundesebene nur langsam und liegen im gesamten Betrachtungszeitraum unterhalb des Ausgangswertes von 2008. Auch hier hat der BDH in seiner Multimomentaufnahme (2018) eine vergleichbare Analyse erstellt. Die BDH-Analyse fällt von der Indexentwicklung in Baden-Württemberg her positiver aus. Das kann auch dadurch bedingt sein, dass die Datenlage zu Biomasse-Heizungen im Neubau in Baden-Württemberg nicht gut ist. Möglicherweise führte die in der vorliegenden Studie gewählte konservative Abschätzung von Biomasse im Neubau 2008 und 2009 zu einer Überschätzung von Biomasse-Anlagen in Bestandsgebäuden in diesen Jahren. Dementsprechend zeigen sich die Folgejahre dann in der hier ermittelten Abschätzung mit schwächerem Wachstum im Gebäudebestand. Die Feststellung des BDH, die Entwicklung seit 2010 in Baden-Württemberg verlaufe „unabhängig von der Gesetzgebung“, da durch bessere Bezugsbedingungen von Holz in Baden-Württemberg sowie in Bayern bedingt (BDH 2018a), lässt sich anhand der Graphik nicht nachvollziehen. Vielmehr erscheint es zweifelhaft, dass der Einfluss dieser Bezugsbedingungen erst nach 2010 und damit direkt nach Inkrafttreten des EWärmeG so zum Tragen kam, dass sich die Entwicklung in Baden-Württemberg vom Bundestrend entkoppelt hat.

4.3.3.3 Entwicklung MAP-geförderter Biomasse-Anlagen im Gebäudebestand
Ergänzend zu den Marktdaten des BDH wird die Förderstatistik des MAP betrachtet, um weitere Erkenntnisse über die Entwicklung in Baden-Württemberg zu gewinnen. Abschätzungen zufolge machten MAP-geförderte Biomasse-Anlagen im Gebäudebestand 2008 und 2009 mit 84 % noch den Großteil des Absatzmarktes aus. Dieser Anteil ist jedoch über die Jahre stark gesunken und lag 2013 bei 56 % und 2014 nur noch bei 29 % (Langniss et al. 2010; Stuible et al. 2016).
Auffällig ist beim Vergleich der Förderstatistik des MAP und der BDH-Zahlen, dass die BDH-Absatzzahlen regelmäßig geringer sind als die MAP-Förderzahlen im gleichen Zeitraum. Dies betrifft insbesondere die Jahre bis 2013, die noch auf einer geringeren Marktabdeckung beruhen als die Folgejahre (siehe Diskussion unter 4.3.3.1). Abbildung 4–9 vergleicht die MAP-Förderdaten mit den errechneten Absatzzahlen auf Basis des BDH, jeweils bezogen auf den Gebäudebestand. Als jeweilige Obergrenze wurden gestrichelt die Absatzzahlen einschließlich Neubau bzw. die Förderzahlen zuzüglich einer Abschätzung der Anlagen in Neubauten aufgetragen. Es ist anzunehmen, dass die realen Absatzzahlen jeweils deutlich größer als die Förderzahlen sein müssen, da die geförderten Anlagen nur einen Teilmarkt darstellen. Denkbar ist auch, dass ein Teil der positiven Marktentwicklung in Baden-Württemberg schlicht auf eine regionale Verbesserung der Marktabdeckung des BDH zurückgeht. Für eine rein regionale Verbesserung der Marktabdeckung gibt es keine Hinweise; ausschließen lässt sich dies jedoch nicht.

Die Entwicklung der MAP-geförderten Anlagen in Baden-Württemberg im Vergleich zum übrigen Deutschland zeigt Abbildung 4–10. Deutlich zeigt sich die Auswirkung der Haushaltssperre 2010 und dem folgenden MAP-Förderstopp, der ein Absinken des Index auf unter 40 zur Folge hatte.
Die Indexwerte verdeutlichen, dass die Entwicklung in Baden-Württemberg und im übrigen Bundesgebiet zwar stets nah beieinander lag; beginnend mit dem Jahr 2009 jedoch Baden-Württemberg durchgehend leicht oberhalb des Trends im übrigen Bundesgebiet lag. Eine ähnlich deutliche Entkopplung des Marktes für Biomasse-Anlagen wie in der BDH-Analyse ist jedoch nicht zu erkennen. Dies deutet darauf hin, dass die positive Entwicklung in Baden-Württemberg laut BDH-Zahlen weitgehend auf einem von der Förderung unabhängigem Markt beruht. Ein möglicher Grund für diese Entwicklung könnte in den Verpflichtungen des EWärmeG liegen.
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass sich der Ausbau von Biomasse-Anlagen in Baden-Württemberg ohnehin seit Jahren auf vergleichsweise hohem Niveau bewegt. Abbildung 4–11 zeigt die MAP-geförderten Biomasse-Anlagen bezogen auf die Einwohnerzahl von Deutschland, Baden-Württemberg und von Bayern, Rheinland-Pfalz und Hessen als Vergleichsländern. Baden-Württemberg liegt dabei fast durchgehend an zweiter Stelle hinter dem Spitzenreiter Bayern (Ausnahmen: 2012 und 2013) und deutlich oberhalb des Anlagenausbaus im Bundesgebiet.


4.3.4 Solarthermie
4.3.4.1 Datenverfügbarkeit
Die Datenverfügbarkeit für Solarthermie-Anlagen ist bedauerlicherweise spärlich. Für dieses Marktsegment liegen keine BDH-Absatzzahlen vor. Eine Abgrenzung von Anlagen in Neubau und Bestand ist daher schwer möglich und wird durch den BDH in seiner Multimomentaufnahme nicht durchgeführt. Absolute Zahlen des Gesamtmarkts im Gebäudebestand sind daher nicht ermittelbar.
Die Förderzahlen des MAP liegen vor, liegen aber ganz erheblich unterhalb der Angaben des BSW (für Deutschland). Es ist daher davon auszugehen, dass die MAP-Anlagen nur einen kleinen Teil des Marktes ausmachen. Dies wird auch in der Evaluation des MAP (Langniss et al. 2010; Stuible et al. 2016) für die Jahre bis 2014 so gesehen – Folgejahre sind noch nicht verfügbar.
4.3.4.2 Marktentwicklung von Solarthermie-Anlagen
Wurden im Jahr 2008 noch rund 210.000 Solarwärme-Anlagen installiert, so sank diese Zahl 2017 auf 78.000. Das entspricht einem Rückgang von 63 % (Quelle BSW 2018).
Für die Solarthermie zeigt der BDH einen Verlauf, in dem die Entwicklung der Absatzzahlen in Baden-Württemberg meist leicht oberhalb des Bundestrends verläuft, Ausnahmen sind die Jahre 2012 und 2015 (siehe Abbildung 4–12, als Modernisierungsindex bezeichnet). Allerdings beziehen sich die BDH-Zahlen – anders als bei Holz-Zentralheizungen und Wärmepumpen – auf den Gesamtabsatz und schließen somit auch den Neubau mit ein. Rückschlüsse auf die Wirkung des EWärmeG lassen sich daher aus dieser Entwicklung schwer ziehen. Deutlich wird jedoch, dass das EWärmeG in Baden-Württemberg den Abwärtstrend der Solarthermie nicht bremsen konnte.

4.3.4.3 Entwicklung MAP-geförderter Solarthermie-Anlagen
Bei den Solarthermie-Anlagen machen die MAP-geförderten Anlagen mit 17 % in 2014 nur noch einen kleinen Teil des Marktes aus (2010: 30 %), der Großteil ist auf autonome Nachfrage und in geringerem Maße auf den Neubau zurückzuführen (Langniss et al. 2010; Stuible et al. 2016).
Die Entwicklung für Solarthermie-Anlagen auf Basis der MAP-Förderung zeigt für Baden-Württemberg einen Verlauf, der fast exakt dem übrigen Bundesgebiet folgt (siehe Abbildung 4–14). Auch hier zeigen sich die Auswirkungen der Umsatzsteuererhöhung zum 1. Januar 2007 in Form eines Vorzieheffektes 2006 und einem deutlichen Rückgang des Zubaus in 2007. Noch deutlicher reagiert der Zubau von Solarthermie im Bestand auf den zeitweiligen MAP-Förderstopp in 2010, der zu einem schlagartigen Absinken der geförderten Anlagen führte. In absoluten Zahlen gingen 2008 rund 31.500 MAP-geförderte Solarthermie-Anlagen in den Gebäudebestand; 2017 waren es nur noch rund 3.300. Im gleichen Zeitraum sanken die Zahlen in Deutschland von etwa 165.600 auf 14.200 in 2017.

Ein direkter Vergleich der Entwicklung in Form von Indizes zeigt einen nahezu deckungsgleichen Verlauf (Abbildung 4–14). Zwar liegt der Index für Baden-Württemberg seit 2009 geringfügig oberhalb des Index für das restliche Deutschland; der Ausbau von Solarthermie ist aber 2010 ebenso plötzlich wie nachhaltig zurückgegangen. Insofern lassen sich aus der Entwicklung der geförderten Anlagen keine Rückschlüsse auf eine nennenswerte förderliche Wirkung des EWärmeG für Solarthermie-Anlagen ziehen. Ein leichter Anstieg der Modernisierungen in 2015 könnte ein Vorzieheffekt der EWärmeG-Novelle 2015 sein, da bis zu diesem Zeitpunkt noch reine Brauchwasseranlagen als Erfüllungsoption möglich waren. Abgesehen davon setzt sich der negative Trend sowohl in Baden-Württemberg als auch im übrigen Bundesgebiet 2017 fort.

Auch die Entwicklung der installierten geförderten Solarthermie-Anlagen bezogen auf die Einwohnerzahl bestätigt den ernüchternden Rückgang des Solarthermie-Ausbaus seit 2010 (Abbildung 4–15). Immerhin zeigt sich hier, dass Baden-Württemberg deutlich oberhalb des Bundesgebiets liegt und seit 2014 gleichauf mit dem früheren Spitzenreiter Bayern liegt.

4.3.5 Wärmenetze
4.3.5.1 Datenverfügbarkeit
Zur Entwicklung der Wärmenetze liegen verschiedene Datenquellen vor, die jedoch jeweils eine Teilmenge an Netzen beschreiben und keine fundierten Aussagen zum Vergleich der Entwicklung in Baden-Württemberg und dem Bund liefern. Es liegen vor:
- Angaben des Energieeffizienzverbands für Wärme, Kälte und KWK (AGFW) zu den Zugängen, Abgängen und gesamten Anzahl an Hausübergabestationen in Baden-Württemberg und im Bund für den Gebäudebestand und Neubau im Zeitraum von 2008 bis 2016 (AGFW 2018). Die Statistik umfasst ausschließlich die Netze der AGFW-Mitglieder (35 ordentliche Mitglieder in Baden-Württemberg und 262 Mitglieder in Deutschland, Stand August 2018) kann deswegen nicht den gesamten Wärmenetzbestand abbilden (v.a. kleinere Netze und dörfliche Nahwärmenetze sind nicht enthalten).
- Daten zu den Bioenergiedörfern, ergänzt um jene Netze, die im aktuellen Förderprogramm Energieeffiziente Wärmenetze gefördert werden, zur Verfügung gestellt durch das Referat 64 des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Diese Daten umfassen ausschließlich Hausanschlüsse in Bestandsnetzen. Da keine Vergleichsquelle für den Bund verfügbar sind, können diese Daten nur in eingeschränkter Form verwendet werden.
- Angaben der im MAP geförderte Hausübergabestationen im Gebäudebestand. Diese Zahlen lassen wenig Rückschlüsse auf die tatsächliche Anzahl an Hausanschlüsse zu, da mehrere Gebäude des gleichen Eigentümers bzw. mehrere Abnehmer mit einer Hausübergabestation versorgt werden können.
4.3.5.2 Marktentwicklung Wärmenetze
Die Entwicklung der Anzahl an Hausübergabestationen zeigt eine geringere Entwicklung in Baden-Württemberg im Vergleich zum Bundesgebiet. Bis 2012 ist auch ein Rückgang zu erkennen, der sich anschließend wieder durch einen stärkeren Zubau erhöht. Da die AGFW- Zahlen jedoch nur jene Hausübergabestationen der Mitglieder berücksichtigen (die im Zeitverlauf variieren können), und diese dann sowohl die Entwicklung im Bestand als auch im Neubau beinhalten, sind die Daten sehr beschränkt aussagekräftig.

Dass die Informationen der AGFW Mitglieder nicht den gesamten Wärmenetzbestand und dessen Entwicklung abdecken können, zeigt sich durch einen Vergleich der Entwicklung der Hausübergabestationen in Baden-Württemberg, die aus den AGFW-Zahlen abgeleitet werden (AGFW 2018)6 und der Information hinsichtlich Neubaugebäuden in Baden-Württemberg, die laut Baufertigstellung Fernheizung als primäre Heizenergie nutzen. (Statistisches Landesamt 2018b, Statistisches Landesamt 2018c, Statistisches Landesamt 2018d). Obwohl die Zugänge berechnet aus den AGFW Mitgliedsinformationen auch Bestandsgebäude umfassen, können weniger Neuzugänge ausgewiesen werden als laut Statistischem Landesamt Gebäude fertiggestellt wurden, die Fernwärme als primäre Heizenergie nutzen.

4.4 Modernisierungsaktivitäten im Heizungsbereich
Neben der Erfassung des Ausbaus von Erneuerbaren in der Wärme sowie von Wärmenet-zen wird im folgenden Kapitel untersucht, in wieweit sich die Modernisierungsaktivitäten im Kesselmarkt in Baden-Württemberg durch die Einführung des EWärmeG verändert haben.
4.4.1 Datenverfügbarkeit
Es wird ein Gesamtbild aus mehreren Datenquellen erarbeitet:
- Zur bestehenden Kesselstruktur in Deutschland und Baden-Württemberg liegen Zahlen des BDH vor (gerundete Schätzungen, Stand 2015).
- Außerdem sind Angaben zu Absätzen von Öl‑, Gas- und Biomasse-Kesseln sowie von Wärmepumpen in Deutschland und Baden-Württemberg verfügbar, die auf den Gebäudebestand umgerechnet wurden. Die Datenqualität für Biomasse-Kessel unterliegt allerdings den in Abschnitt 4.3 diskutierten Einschränkungen, die vermutlich auf eine geringere Marktabdeckung zurückzuführen sind. Ergänzt werden diese Angaben durch das Positionspapier zur Multimomentaufnahme des BDH, aktualisiert im Jahr 2018.
- Zum Rückbau von Altanlagen werden die Schornsteinfegererhebungen des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks sowie der Landesverbände Baden-Württemberg und Bayern genutzt. Diese Daten sind allerdings für die vorliegenden Fragestellungen aufgrund von Inkonsistenzen nur sehr eingeschränkt verwendbar.
4.4.2 Kesselstruktur in Deutschland und Baden-Württemberg im Vergleich
Ausgangspunkt in Baden-Württemberg ist eine Kesselstruktur, die vom Anteil alter Heizkessel her mit dem Bundesdurchschnitt vergleichbar ist. Nach Angaben des Landesinnungsverbands des Schornsteinfegerhandwerks Baden-Württemberg (2016) gibt es in Baden-Württemberg 2015 noch rund 870.000 Kessel, die bis 1997 eingebaut wurden. Bezogen auf den Gesamtbestand von rund 2,3 Mio. Kesseln (BDH, pers. Komm, 20.07.2017) ergibt sich ein Anteil von Altanlagen von rund 38 %. Im Bundesgebiet stehen nach Angaben des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks (2016) noch rund 7,5 Mio. Kessel, die bis 1997 eingebaut wurden. Das ergibt bezogen auf den Gesamtbestand der Kessel nach BDH-Angaben von rund 21 Mio. einen Anteil von etwa 36 % Altanlagen (BDH 2017b). Ähnlich fällt der Vergleich nach technischen Gesichtspunkten aus: sowohl in Baden-Württemberg als auch im Bund setzt sich der Anlagenbestand zu rund zwei Dritteln aus veralteten Heizwertgeräten zusammen. Auffällig ist in Baden-Württemberg hingegen der große Anteil an Ölkesseln bei gleichzeitig deutlich weniger Gaskesseln als im Bundesdurchschnitt: hier zeigt sich, dass neben Energieeffizienzverbesserungen in Baden-Württemberg noch stärker als im Bund Energieträgerwechsel notwendig sind, um die Klimabilanz der Wärmeversorgung zu verbessern (siehe Abbildung 4–18).

4.4.3 Der Modernisierungsmarkt in Deutschland und Baden-Württemberg
Auf Basis von Angaben des BDH sowie veröffentlichter Angaben (BDH 2018b) wurde eine Entwicklung des Absatzmarktes für Öl‑, Gas- und Biomassekessel sowie Wärmepumpen im Gebäudebestand entwickelt – d.h. eine Entwicklung des Modernisierungsmarktes. Dafür wurden die Absatzzahlen jeweils um Angaben von Destatis bzw. des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg zu den in Neubauten installierten Wärmeerzeugern bereinigt. Die Entwicklung ist aufgeschlüsselt nach Kesseltyp in Abbildung 4–19 und Abbildung 4–20 dargestellt. Deutlich wird, dass die Entwicklung in Baden-Württemberg sich von der Entwicklung im übrigen Bundesgebiet unterscheidet: während die Absätze von Öl- und Gas-kesseln in Baden-Württemberg in mehreren Jahren zurückgehen, zeigt sich vor allem von 2015 nach 2016 eine dynamischere Entwicklung bei Biomasse und Wärmepumpen. Auffällig ist insbesondere die Verdopplung der Zahl der Wärmepumpen im Gebäudebestand zwischen 2015 und 2016. Dahinter steht nach BDH-Angaben ein deutliches Wachstum der Wärmepumpen-Absätze von rund 39 %, das sich aber kaum in der Neubaustatistik wiederfindet (+ 14 % Gebäude mit Wärmepumpen). Da Wärmepumpen fast immer Zentralheizungen sind, müsste die Zahl der fertiggestellten Gebäude recht genau mit der Zahl der Anlagen übereinstimmen. Denkbar sind allerdings Inkonsistenzen der BDH-Statistik, die hier jedoch nicht geprüft werden können. Schließt man diese Inkonsistenzen aus, ergibt sich der Großteil des Wachstums im Gebäudebestand (+ 128 %). Sinnvoll ist es, die Absatzentwicklung auch künftig zu beobachten. Nur so kann geklärt werden, ob hinter dieser Entwicklung ein echter und dauerhafter Trend steht.
Insgesamt machen Wärmepumpen 2016 in Baden-Württemberg rund 10 % und Biomasse-Anlagen rund 11 % des Modernisierungsmarktes aus. In Deutschland kommen die Wärme-pumpen im Modernisierungsmarkt 2016 auf 5 % und die Biomasse auf 4 %. Für Öl- und Gaskessel ist davon auszugehen, dass es 2015 zu leichten Vorzieheffekten im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der Novellierung des EWärmeG kam. Insofern sinken die Absätze von Öl- und Gaskesseln nachvollziehbar 2016 etwas stärker.


Der Rückgang bei den Kesselabsätzen im Gebäudebestand steht naturgemäß in Zusammenhang mit den Modernisierungsaktivitäten. Einen Blick auf die Modernisierungsraten liefert Abbildung 4–21. Modernisierungsrate bezeichnet hier die Absatzzahlen von Wärmeerzeugern im Gebäudebestand bezogen auf die Zahl der Heizungsanlagen im Gebäudebestand nach Angaben des BDH. Hierbei sind neue Anschlüsse an Wärmenetze nicht berücksichtigt.
Die Zahlen von Heizungsanlagen im Gebäudebestand beruhen nach BDH-Angaben auf Schornsteinfeger-Erhebungen und BDH-Schätzungen; es ist davon auszugehen, dass hier vor allem aufgrund von Inkonsistenzen in der Schornsteinfegerstatistik sowie unvollständiger Marktabdeckungen bei der Biomasse Unsicherheiten in Kauf genommen werden müssen. Insofern lassen sich die jeweiligen Modernisierungsraten nicht exakt bestimmen.
Die Modernisierungsraten zeigen, dass in Baden-Württemberg 2008 ein etwas größerer Anteil der Kessel als im Bundesgebiet getauscht wurde. Während jedoch die Modernisierungsraten im Bundesgebiet zwischen 2008 und 2015 nahezu kontinuierlich anstiegen, zeigt sich für Baden-Württemberg eine deutlich Absatzspitze im Jahr 2009, gefolgt von einem Abfall der Raten 2010. Diese Absatzspitze lässt sich zu großen Teilen als Vorzieheffekt des EWärmeG 2010 erklären. Allerdings hat auch auf Bundesebene zeitgleich eine Absatzspitze mit nachfolgendem Rückgang stattgefunden, wenngleich erheblich schwächer ausgeprägt als in Baden-Württemberg. Seit 2010 hat Baden-Württemberg bei den Modernisierungsraten kontinuierlich aufgeholt, sodass die Modernisierungsraten 2014 und 2015 die bundesdeutschen Raten fast erreicht haben. Teile dieses Anstiegs sind vermutlich auf den o.g. Vorzieheffekt zurückzuführen. Dementsprechend sinkt die Modernisierungsrate in Baden-Württemberg nach Inkrafttreten der EWärmeG-Novelle 2015 wieder ab.

Der Rückgang der Modernisierungsraten im Vergleich zum übrigen Deutschland lässt sich auf die Rückgänge bei den Absätzen von Öl- und Gaskesseln zurückführen. Abbildung 4–22 zeigt die Entwicklung bei Ölkesseln als Index für Baden-Württemberg und das übrige Deutschland, Abbildung 4–23 zeigt die entsprechenden Indizes für Gaskessel. Deutlich wird in der Tat eine schwächere Entwicklung in Baden-Württemberg als im Bund, mit Ausnahme jeweils der Jahre 2009 und 2015. Diese Absatzspitzen sind auf Vorzieheffekte vor Inkrafttreten der beiden EWärmeG-Fassungen zurückzuführen. Dabei ist anzumerken, dass der Anstieg der Absätze von Ölkesseln zwar die Modernisierungsrate steigert, aus klimapolitischer Sicht aber durchaus problematisch ist. Zwar ersetzt jeder neue Ölkessel im Gebäudebestand einen älteren, ineffizienteren Kessel und reduziert dadurch CO2-Emissionen. Im Gegenzug aber wird diese klimaschädliche Art der Heizung über Jahre hinweg festgelegt. Für zielkompatible Maßnahmen durch Einsatz erneuerbarer Energien sind diese Gebäude dann vorerst verloren. Unabhängig vom EWärmeG ist aber auch im übrigen Deutschland eine leichte Absatzspitze in 2015 feststellbar. Diese dürfte mit dem Inkrafttreten der ersten Anforderungsstufe der EU-Ökodesign-Verordnung zusammenhängen, die ebenfalls leichte Vorzieheffekte (und einen entsprechend geringeren Absatz in 2016) verursacht haben kann.


Insgesamt konnten die Zuwächse bei Biomassekesseln und Wärmepumpen den Modernisierungsrückgang in Baden-Württemberg bislang nicht komplett ausgleichen. Der starke Rückgang in 2016 ist jedoch im Zusammenhang mit den erwähnten Vorzieheffekten in 2015 zu relativieren – hier ist ein Gegeneffekt wahrscheinlich, sodass eine schrittweise Erholung der Absatzentwicklung in kommenden Jahren durchaus denkbar ist.
4.4.4 Exkurs: Zubau fossiler Kessel und die Rolle der Energieträgerpreise
Angesichts der klimapolitischen Bedeutung fossil betriebener Heizkessel und der für 2015 festgestellten Wachstumsraten bei klimaschädlichen Ölkesseln soll ein kurzer Blick auf den Zusammenhang der Energiepreisentwicklung und Kaufentscheidungen für Heizkessel geworfen werden. In Abbildung 4–24 sind die Entwicklung der Energieträgerpreise für Heizöl und Erdgas zusammen mit den Veränderungsraten von Absatzzahlen von Öl- und Gaskesseln im Gebäudebestand Baden-Württembergs aufgetragen; Abbildung 4–25 liefert die entsprechende Darstellung für Deutschland.
Die Abbildungen verdeutlichen eine sichtliche Korrelation von Preisentwicklung und Kaufentscheidungen für Heizkessel. Sowohl in Deutschland als auch in Baden-Württemberg erfolgt der Rückgang bei den Ölkesseln zeitgleich mit steigenden Preisen. Mit dem Sinken der Ölpreise nach 2012 kehrt sich die Entwicklung schrittweise um (Wachstum in Baden-Württemberg und im Bund ab 2014 und vor allem in 2015). Bei den Gaskesseln sind kaum Effekte sichtbar; im Vergleich zu den Heizölpreisen blieben die Erdgaspreise jedoch vergleichsweise konstant. Auch hier werden 2009/2010 und 2015/2016 jeweils Vorzieheffekte im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten der beiden EWärmeG-Fassungen sichtbar. Auffällig ist der starke Einbruch 2016 nach hohen Wachstumsraten in 2015, vor allem für Ölkessel. Für Deutschland lässt sich dieser Einbruch auch nicht mit dem EWärmeG erklären, da dieses ja nur in Baden-Württemberg gilt. Neben der Preisentwicklung dürfte ein weiterer Grund für diese Entwicklung das oben erwähnte Inkrafttreten der ersten Anforderungsstufe der EU Ökodesign-Verordnung zu Heizkesseln sein, die entsprechende Vorzieheffekte mit sich gebracht hat.
Entscheidend für den Energieträgerwechsel weg von fossilen und hin zu klimaschonenderen Energieträgern ist daher neben den jeweiligen Möglichkeiten vor Ort auch, die wirtschaftliche Attraktivität dieser Energieträger zu bremsen, etwa durch eine angemessene CO2-Bepreisung.


4.4.5 Rückbau alter Heizkessel
Ergänzend zur Betrachtung der Modernisierungsaktivitäten über den Zubau von Heizungsanlagen im Gebäudebestand soll der Rückbau von alten Heizkesseln in den Blick genommen werden. Die Rückbau-Betrachtung erfolgt mit Hilfe der Schornsteinfegerstatistiken. Auf Basis der Schornsteinfegerdaten über die Zahl messpflichtiger Heizkessel im Bestand (siehe Beschreibung in Abschnitt 4.2.3) wird eine Rückbaurate definiert als prozentuale Veränderung der Zahl der messpflichtigen Heizungsanlagen, die bis 1997 errichtet wurden – diese Altersbeschränkung ist den angegebenen Altersklassen der Schornsteinfegerstatistik geschuldet. Eine große Zahl von Altanlagen, die aus der Statistik herausfallen, ist hierbei ein Indikator für viele Modernisierungen von Heizungen. Dieser Zusammenhang unterstellt jedoch einige Vereinfachungen:
- Altanlagen können aus der Statistik herausfallen, weil ein Kesseltausch stattgefunden hat. Es kann aber auch sein, dass das entsprechende Gebäude abgerissen wurde. Die Betrachtung der Schornsteinfegerstatistik vernachlässigt den Gebäudeabriss. Damit wird die Modernisierungsrate tendenziell überschätzt. Die Abgänge von Wohnungen durch Abriss von Wohn- und Nichtwohngebäuden lagen zwischen 2010 und 2015 relativ konstant unterhalb von 30.000 Abgängen pro Jahr und damit um ein etwa eine Größenordnung unterhalb der jährlichen Verminderung alter Heizungsanlagen.
- Ein strukturelles Problem der Erhebungen ist, dass keine rollierende Betrachtung von Altanlagen oberhalb eines bestimmten Alters möglich ist. Aus diesem Grund musste auf die Angaben zu Kesseln zurückgegriffen werden, die bis einschließlich 1997 installiert wurden. Naturgemäß werden dadurch im Lauf der Zeit die betrachteten Altanlagen immer älter und der Pool möglicher Altanlagen kleiner, was wiederum tendenziell die Rückbauraten senkt. Es wird angenommen, dass dieser Effekt die Ergebnisse aber nicht grundsätzlich verfälscht und auch die Rangfolge der betrachteten Regionen davon unbeeinflusst bleibt. Dass die Kessel dieser Altersklasse immer noch eine signifikante Rolle spielen, zeigen die Schornsteinfeger-Erhebungen: so waren 2016 in Deutschland wie in Baden-Württemberg über 60 % der Ölkessel und über 50 % der Gaskessel mehr als zwanzig Jahre alt (Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks – Zentralinnungsverband (ZIV) (Hrsg.) 2017; Landesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks Baden-Württemberg 2017).
- Außerdem berücksichtigt die Statistik keine Brennwertgeräte. Da ausschließlich Altanlagen betrachtet werden, die bis 1997 installiert wurden, macht das für Öl-Brennwertkessel praktisch keinen Unterschied: sie spielten vor 1998 fast keine Rolle ((TGA Fachplaner 2013). Gas-Brennwertkessel hingegen haben sich schon seit Beginn der neunziger Jahre im Markt verbreitet und stellten 1998 rund ein Drittel der verkauften Gaskessel in Deutschland. Insofern unterschätzt die Statistik insbesondere die Zahl der alten Gasheizungen.
- Weiter wird unterstellt, dass die Modernisierungsraten von Wohn- und Nichtwohngebäuden in etwa vergleichbar sind, da die Schornsteinfegerstatistik nicht nach Gebäudekategorien unterscheidet, das EWärmeG aber erst ab 2015 die Nichtwohngebäude umfasst. Eine mögliche Verlangsamung der Heizungsmodernisierung in Folge des EWärmeG hätte aber vor 2015 nur Wohngebäude betroffen. Die aggregierte Betrachtung von Wohn- und Nichtwohngebäuden würde also dazu führen, dass der Grad des Attentismus unterschätzt wird.
- Außerdem können Abbauraten zwischen 2005 und 2010 nur für Heizungsanlagen oberhalb von 11 kW berechnet werden, da kleinere Anlagen zwischen 4 und 11 kW erst ab März 2010 messpflichtig wurden. Dadurch verringert sich für diesen Zeitraum die geschätzte Abdeckung.
- Vergleicht man die Anzahl der errechneten Abgänge aus der Schornsteinfegerstatistik mit den BDH-Angaben über den Modernisierungsmarkt, so liegen die Abgänge laut Schornsteinfegerstatistik zwischen 10 und knapp 170 % % der Stückzahlen zum Modernisierungsmarkt laut BDH, durchschnittlich bei rund 50 %. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass die Schornsteinfegerstatistiken nur Daten über einen Teil der rückgebauten Anlagen liefern. Im Folgenden wird dabei davon ausgegangen, dass Lücken in der Abdeckung die prozentuale Entwicklung nicht beeinflussen.
Rückbau von Gaskesseln
Die Entwicklung in Baden-Württemberg wird mit der Entwicklung im Bundesgebiet und in Bayern als Vergleichsland betrachtet. In den Vergleich einbezogen werden ausschließlich Kessel mit mehr als 11 kW Leistung und Inbetriebnahme vor 1997, da nur in diesen Fällen Vergleichsdaten ab 2005 zur Verfügung stehen. Es fällt auf, dass regelmäßig negative Rückbauraten berechnet werden. Dies kann natürlich nicht auf eine plötzliche Zunahme alter Heizungskessel zurückzuführen sein, sondern deutet auf erhebliche Inkonsistenzen in der Statistik hin. Gründe können die Nicht-Abgabe von Messstatistiken durch einzelne Schornsteinfeger-Meister sein; der Landesverband Baden-Württemberg wies zudem auf mögliche Schnittstellenprobleme bei der Datenübertragung hin (Kugel, Pers. Komm., 2014). Abbildung 4–26 zeigt die Entwicklung der Rückbauraten von Gaskesseln mit Installationsjahr bis 1997 in Baden-Württemberg sowie im Bundesgebiet und im Vergleichsland Bayern. Die Datenlage erscheint lückenhaft, da in mehreren Jahren negative Werte auftauchen, die auf Inkonsistenzen in der Statistik hindeuten. In diesem Sinne ist auch die hohe Rückbaurate von 20 % in Bayern, gefolgt von einer negativen Rate von unter ‑15 %, eher als Hinweis auf Inkonsistenzen denn auf ein besonders modernisierungsreiches Jahr zu deuten. Außerdem fällt ein Einbruch der Rückbauraten um 2010 herum auf, der wahrscheinlich auf die Umstellung der Messpflichten aus der 1. BImSchV zurückzuführen ist. Seit Inkrafttreten der novellierten 1.BImschV im März 2010 müssen messpflichtige Heizungsanlagen, die älter als 12 Jahre sind, nur noch alle zwei Jahre überwacht werden müssen. Wahrscheinlich ist daher, dass im ersten Jahr bzw. zweiten Jahr der neuen Regelungen – in denen dann sehr viel weniger Messungen notwendig waren – die Hochrechnungen des Schornsteinfegerverbandes noch nicht realitätsnah erfolgten. Grundsätzlich zeigen sich für Baden-Württemberg in der Tendenz höhere Werte in der Zeit zwischen 2005 und 2009 als danach. In Bayern sind die Raten so wechselhaft, dass sie kaum eine belastbare Aussage zulassen. Hingegen verlaufen die Rückbauraten im Bundesgebiet – mit der Ausnahme von 2010/2011 – weniger wechselhaft. Angesichts der Datenqualität lassen sich belastbare Schlüsse nur schwer ziehen, die Daten sprechen aber in der Tendenz für einen leichten Rückgang der Modernisierung von Gaskesseln seit Inkrafttreten des EWärmeG 2010.

Rückbauraten von Ölkesseln
Für den Rückbau alter Ölkessel zeigt sich in Baden-Württemberg nach zwei Spitzenjahren 2006/2007 und 2007/2008 mit über 7 % Austauschraten ein deutlicher Rückgang ab 2009/2010. Die Werte erholen sich leicht von 2012 auf 2013 und von 2013 auf 2014, können aber nicht an die hohen früheren Raten anschließen. Im Vergleichsland Bayern zeigt sich eine wechselhafte Entwicklung mit zwei herausragenden Spitzenjahren 2009/2010 und 2011/2012. Die im Vergleich dazu sehr geringe Rückbaurate 2010/2011 lässt jedoch statistische Inkonsistenzen vermuten, ebenso der negative Wert für 2015/2016. Außerdem fällt ein Einbruch der Rückbauraten um 2010 herum auf, der wahrscheinlich auf die Umstellung der Messpflichten aus der 1. BImSchV und damit verbundenen Inkonsistenzen der Hochrechnung zurückzuführen ist. In den Jahren 2012/2013 und 2013/2014 lagen die bayerischen Rückbauraten im Mittel leicht oberhalb der baden-württembergischen Raten. 2014/2015 hingegen kam Baden-Württemberg auf eine etwas höhere Rückbaurate. 2015/2016 lässt sich aufgrund der o.g. Inkonsistenz für Bayern nicht auswerten. Auf Bundesebene hingegen lässt sich keine klare Tendenz erkennen. Auch hier fällt ein Rückgang der Rückbauraten zwischen 2009 und 2011 auf, der mit der Umstellung der Messpflichten zusammenhängen könnte. Danach steigen die Raten wieder an, bleiben im Mittel aber geringfügig unterhalb des Niveaus von 2005 bis 2009 (siehe Abbildung 4–27).
Insgesamt erscheint die Datenbasis aufgrund von Inkonsistenzen kaum belastbar. Dennoch zeigen die Schornsteinfegerdaten für Ölkessel für die Jahre zwischen 2009/2010 und 2013/2014 eine gewisse Abnahme der Rückbauaktivitäten in Baden-Württemberg im Vergleich zu Bayern und zum Bund.

Sanierungen der Gebäudehülle und weitere Verbesserungen der Gebäudeeffizienz
Im vorhergehenden Kapitel wurden die Marktentwicklungen für erneuerbare Wärme und Wärmenetze sowie die Modernisierungsaktivitäten bei Heizkesseln betrachtet. Darüber hinaus gilt es aber auch zu untersuchen, inwieweit andere Effizienzmaßnahmen erfolgt sind, etwa an der Gebäudehülle oder der Anlagenperipherie: Ziel des EWärmeG ist nicht nur eine Steigerung des Einsatzes von erneuerbaren Energien, sondern auch deren effiziente Nutzung. Untersucht wird daher zunächst, ob das Interesse an Gebäudesanierungen in Baden-Württemberg im Betrachtungszeitraum gestiegen ist, indem die Entwicklung bei Energieberatungen betrachtet wird. Energieberatungen sind zum Teil auch als direkte Erfüllungsoption relevant: ab dem zweiten Halbjahr 2015 sind durch die EWärmeG-Novelle individuelle Sanierungsfahrpläne oder die BAFA Vor-Ort-Beratung als Erfüllungsoption zugelassen. In einem zweiten Schritt wird der Verlauf der KfW-geförderten Sanierungsmaßnahmen analysiert.
4.5.1 Energieberatung
In Baden-Württemberg existiert ein nahezu flächendeckendes Netz an regionalen Energie- und Klimaschutzagenturen. Zusätzlich kooperieren diese Agenturen mit den Verbraucherzentralen: die Rahmenbedingungen für Energieberatung sind damit besonders günstig (Statusbericht kommunaler Klimaschutz 2018). Auch das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept (IEKK) Baden-Württembergs sieht vor, die Energieberatung im Wärmebereich auszubauen und eine Beratungsoffensive Sanierungsfahrplan zu entwickeln.
Deutlich zeigt sich die Entwicklung bei der BAFA-vor-Ort-Beratung: Ab dem Jahr 2015 – also dem Beginn der Erfüllungsoption „Sanierungsfahrplan“ – zeigt sich eine erheblicher Anstieg der Beratungszahlen in Baden-Württemberg, und zwar entkoppelt vom Bundestrend (siehe Abbildung 4–28). Dies deutet auf eine positive Wirkung des EWärmeG hin.

Anzumerken ist, dass die BAFA-Vor-Ort-Beratungen nur einen Teil der Beratungslandschaft darstellen. Neben den BAFA-Vor-Ort-Beratungen (die den individuellen Sanierungsfahrplänen (iSFP) gleichgestellt sind)) gibt es durch die Baden-Württembergische L‑Bank geförderte Sanierungsfahrpläne (siehe hierzu die Diskussion der Erfüllungsoptionen in Abschnitt 3 und die Auswertungen der Sanierungsfahrpläne in Abschnitt 8). Aus Endkundensicht machen diese als Erfüllungsoption zugelassenen Beratungen nur einen kleinen Ausschnitt dessen aus, was als Beratung wahrgenommen, wie die vzbv-vor-Ort- und online-Beratungen, Beratungen durch Handwerker und Schornsteinfeger sowie über örtliche Energie- und Klimaagenturen (vgl. BfEE (Hrsg.) 2017).
Auch auf Energieberatungen, die nicht als Erfüllungsoption zugelassen sind, scheint das EWärmeG jedoch einen leichten Einfluss in Form einer Triggerwirkung auszuüben. So konnten die Verbraucherzentralen die Zahl ihrer Energieberatungen in Baden-Württemberg zwischen 2012 und 2015 steigern – ganz im Gegensatz zum Bundestrend mit rückläufigen Beratungszahlen. Allerdings wurde in diesem Zeitraum auch die Kooperation mit örtlichen Energieagenturen ausgebaut, sodass Endkunden ein erheblich verbessertes Netz an Beratungseinrichtungen vorfanden. Auch in den regionalen Energieagenturen scheinen zusätzliche Beratungsaktivitäten ausgelöst worden zu sein. Beispielsweise hat das über die Landesagentur KEA finanzierte Beratungstelefon von Zukunft Altbau steigende Beratungszahlen im Zusammenhang mit Fragen zum EWärmeG festgestellt, insbesondere um die Novellierung 2015 herum bis ins Jahr 2016 (persönliche Information F. Hettler 2018).
4.5.2 Gebäudesanierungen im Rahmen der KfW-Förderung
Hinsichtlich der Gebäudesanierungen wird als Indikator die Entwicklung der KfW-Förderzahlen hinzugezogen. Betrachtet werden die Programme „Energieeffizient Sanieren – Einzelmaßnahmen“ (152) und „Energieeffizient Sanieren – Zuschuss“ (430). Effizienzhaussanierungen sind im Zusammenhang mit dem EWärmeG weniger relevant, da sie umfassende Projekte darstellen, die weit über das im Rahmen der Erfüllungsoption Notwendige hinausgehen. Insofern wird die Förderung von Effizienzhäusern in der Sanierung hier nicht analysiert. Insgesamt konnte Baden-Württemberg den Anteil an den bundesweit bewilligten Fördermitteln leicht steigern. So stieg der Anteil Baden-Württembergs an den Fördermitteln für Einzelmaßnahmen von 19,1 % der Fördersumme in 2008 auf 21,5 % der Fördersumme in 2017, bei einem Bevölkerungsanteil an der Gesamtbevölkerung in Deutschland von 13,3 %. Auffällig ist, dass in Baden-Württemberg die Fördersummen im Zuschussprogramm geringer wachsen als in anderen Bundesländern. Das Zuschussprogramm wird verstärkt nachgefragt, da es für viele Antragsteller im gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld als attraktiver gilt. In Baden-Württemberg ist dieser Trend offensichtlich etwas geringer ausgeprägt (KfW 2018). Abbildung 4–29 zeigt die Entwicklung der Fördersummen im KfW-Programm Einzelmaßnahmen. Deutlich wird für Baden-Württemberg eine positive Entwicklung ab 2012, mit Ausnahme des Jahres 2013 deutlich oberhalb der Vergleichsländer und des Bundesgebiets. Nach einem leichten Absinken zwischen 2016 und 2017 liegt der Index 2017 bei über 140 und damit deutlich oberhalb dem auf 100 normierten Startjahr 2008.
Die wachsende Bedeutung des KfW-Zuschussprogramms zeigt Abbildung 4–30. Im Bundesgebiet steigt der dazugehörige Index von 100 im Jahr 2008 auf nahezu 1.800 in 2017. Auch in Baden-Württemberg steigt der Index auf über 1.000, liegt damit aber noch erheblich unter den Vergleichsländern. Dieses Verhältnis von Einzelmaßnahmen und Zuschussförderung ist aber durchaus positiv zu werten: so geht das Monitoring der KfW-Förderung (Diefenbach et al. 2018) regelmäßig davon aus, dass im Mittel in den Einzelmaßnahmen höhere CO2-Einsparungen pro Wohnung erreicht werden als bei den Zuschussfällen. Die Entwicklung der Förderfälle könnte daher dafür sprechen, dass in Baden-Württemberg eine Tendenz zu etwas tieferen Sanierungen besteht als anderswo. Die Entwicklung der Antragszahlen für beide Förderprogramme insgesamt (ausgedrückt als Zahl der betroffenen Wohneinheiten) ist hingegen in Baden-Württemberg nahezu deckungsgleich mit den Vergleichsländern und dem Bundesgebiet (siehe Indexentwicklung in Abbildung 4–31). Obwohl die Antragszahlen sich insgesamt seit 2008 positiv entwickelt haben, verdeutlichen sie auch: eine echte Wärmewende mit einem Durchbruch in der Sanierungsaktivität ist nicht erkennbar. Insofern bildet auch Baden-Württemberg hier keine Ausnahme zum Bundesgebiet.



Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die Evaluierung
Insgesamt wäre eine bessere Datenlage überaus wünschenswert, um eindeutigere Aussagen zu machen. Die unterschiedlichen Datenquellen sind teilweise inkonsistent und lassen sich z. T. auch nicht unabhängig validieren. In der Gesamtschau der Ergebnisse lassen sich jedoch mehrere Tendenzen festhalten:
- Bezogen auf die Dynamik des Ausbaus erneuerbarer Energien liegt Baden-Württemberg im Bundesvergleich mit Bayern an der Spitze. Beide Länder haben traditionell eine hohe EE-Nachfrage, bedingt durch Einkommen, Gebäudestruktur, soziodemografische Entwicklungen sowie hohe Solarstrahlung und (besonders Bayern) hohem Biomasseaufkommen. Auch das Interesse an EE-Heizungen – gemessen als Angebotsanfragen – ist in Baden-Württemberg größer als in anderen Bundesländern und seit Einführung des EWärmeG merklich gewachsen.
Speziell für die über das MAP geförderten EE-Anlagen weist Baden-Württemberg nach dem Spitzenreiter Bayern fast durchweg deutlich höhere Antragszahlen pro Einwohner auf als der Bund und die beiden Vergleichsländer Hessen und Rheinland-Pfalz – wobei der Bundestrend schon von Bayern und Baden-Württemberg mitgeprägt wird. Dabei zeigt die Entwicklung der MAP-geförderten installierten Anlagen in allen Fällen ähnliche Höhen und Tiefen, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau. Die Daten zeigen zugleich, dass der Anlagenzubau einem bundesweiten Trendmuster folgt. Deutlich erkennbar ist demnach der Einbruch des Zubaus nach dem Förderstopp zwischen Mai und Juni 2010, von dem sich die MAP-Förderzahlen auch nach späteren Erhöhungen nie wieder erholen konnten. Zudem ist bei den Solarthermie- und Biomasse-Anlagen ein starker Rückgang zwischen 2006 und 2007 zu erkennen – Wärmepumpen wurden zu dieser Zeit nicht durch das MAP gefördert. Dieser Rückgang hängt vermutlich mit der damaligen Erhöhung des Umsatzsteuersatzes von 16 auf 19 % zum 1.1.2007 und damit verbundenen Vorzugseffekten zusammen.
Bei Wärmepumpen lag die Entwicklung in BW vor Inkrafttreten des Gesetzes unter dem Bundestrend. Es folgt ein kurzfristiges Emporschnellen der Ausbauzahlen im Gebäudebestand nach Inkrafttreten des EWärmeG, das aber schon 2012 wieder verebbt. Hier lässt sich vermuten, dass diese Entwicklung mit der gleichzeitigen massiven Erhöhung der Heizstrompreise in Baden-Württemberg zusammenhängt. Inzwischen hat sich ein größerer bundesweiter Heizstrommarkt entwickelt, die Heizstrompreise sind aber auf hohem Niveau geblieben bzw. weiter angestiegen, was den Ausbau von Wärmepumpen auch bundesweit erheblich bremsen dürfte. 2016 folgt entkoppelt vom Bundestrend ein zweites Spitzenjahr – hier gilt es, die weitere Entwicklung zu beobachten, um zu sehen, ob sich ein dauerhafter Trend entwickelt. Auffällig ist, dass das Marktwachstum in beiden Spitzenjahren 2011 und 2016 offenbar unabhängig vom geförderten Bereich entstand: die MAP-Förderzahlen in Baden-Württemberg zeigen keine vergleichbare Entwicklung. Bezogen auf den (kleinen) Teilbereich der MAP-geförderten Wärmepumpen zeigt sich eine insgesamt schleppende Entwicklung zwischen 2010 und 2015, bei der aber Baden-Württemberg über dem Bundestrend liegt. In 2016 und 2017 nähert sich die Entwicklung der MAP-Wärmepumpen in Baden-Württemberg wieder dem Bundestrend an. Hier ist daher insbesondere für die Jahre 2010 bis 2015 durchaus eine positive Wirkung des EWärmeG zu vermuten, aber auf sehr geringem Niveau.
Beim Blick auf die baden-württembergischen Biomasse-Anlagen im Gebäudebestand zeigt sich eine Entkopplung vom bundesweiten Trend und stärkere Entwicklung eines nicht-geförderten Marktes nach 2010. Damit liefern die Zahlen ein deutliches Indiz für eine positive Wirkung des EWärmeG für den Ausbau von Wärme aus Biomasse. Die Datenbasis der abgesetzten Anlagen ist hier allerdings weniger belastbar als bei den Wärmepumpen: die BDH-Zahlen scheinen die Anlagenabsätze aufgrund einer geringeren Marktabdeckung als in anderen Segmenten zu unterschätzen. Bei den MAP-geförderten Biomasse-Anlagen liegt die Entwicklung in Baden-Württemberg durchgehend leicht oberhalb des bundesweiten Trends; hier ist bei den geförderten Anlagen eine geringe Wirkung des EWärmeG zu vermuten.
Bei der Solarthermie zeigen sowohl Absatz- als auch Förderzahlen einen ernüchternden Rückgang des Anlagenzubaus im Bundesgebiet wie in Baden-Württemberg. Eine förderliche Wirkung des EWärmeG in Baden-Württemberg lässt sich aus den Zahlen nicht ableiten, allerdings auch keine negativen Effekte.
Insgesamt lassen sich positive, aber nicht sehr starke Effekte des EWärmeG auf den Anlagenzubau erkennen. Offensichtlich prägen aber wesentlich stärkere Ursachen für Veränderungen im Anlagenzubau die allgemeinen Markttendenzen wie Energiepreise oder die Umsatzsteuerentwicklung sowie MAP-interne Effekte wie die Veränderung der Förderrichtlinien oder der Förderstopp 2010.
Zur Entwicklung des Fernwärmenetzausbaues in Baden-Württemberg im Vergleich zu Deutschland lassen sich aufgrund der unbefriedigenden Datenlage keine Rückschlüsse auf eine vermehrte Anreizwirkung für den Ausbau von Wärmenetzen induziert durch das EWärmeG ziehen. Die von der AGFW zur Verfügung gestellten Daten der Hausübergabestationen für Baden-Württemberg und Deutschland beschreiben leider nur eine beschränkte Teilmenge aller Hausübergabestationen.
- Zur Frage einer Verlangsamung der Modernisierungsaktivitäten (Attentismus) infolge des EWärmeG ist die Datenlage unbefriedigend. Die Entwicklung der Absatzzahlen auf Basis von Angaben des BDH deutet auf Vorzieheffekte vor der Etablierung des Gesetzes und der Novelle hin. Eine niedrigere Modernisierungsrate nach Inkrafttreten des EWärmeG und der Novelle ist zum einen auf diese Vorzieheffekte zurückzuführen. Die niedrigere Modernisierungsrate kann aber zum anderen auch mit einer zu einem Attentismus passenden höheren Reparaturquote bei Öl- und Gaskesseln als Alternative zum Kesseltausch erklärt werden. Schwach positiv auf die Modernisierungsaktivität wirken hingegen steigende Absätze bei Wärmepumpen und Biomasse-Anlagen. Die Modernisierungsraten in Baden-Württemberg haben sich seit ihrem Abfall im Jahr 2010 deutlich erholt und lagen 2014 und 2015 in ähnlicher Höhe wie im Bundesgebiet – hier waren allerdings möglicherweise auch Vorzieheffekte im Zusammenhang mit der EWärmeG-Novelle enthalten; 2016 lag die Modernisierungsrate wieder niedriger.
Eine Verlangsamung der Modernisierungsaktivitäten lässt sich nur teilweise durch einen Abgleich mit anderen Quellen validieren. Die Daten der Schornsteinfeger-statistik nach der 1. BImSchV sind streckenweise inkonsistent und von der Natur der gesetzlichen Grundlage seit 2010 her weniger gut geeignet, verlässliche Zahlen zu liefern. Sie unterscheiden sich auch in ihrer Größenordnung deutlich vom auf Basis der BDH-Absatzzahlen berechneten Modernisierungsmarkt. Insgesamt deuten auch die Schornsteinfegerdaten durch einen etwas stärkeren Rückgang der Kesseltauschraten in Baden-Württemberg als im Bund und im Vergleichsland Bayern hin. Auf der anderen Seite gibt die im Rahmen dieser Untersuchung durchgeführte Endkundenbefragung (vgl. Kapitel 5.1) wenig Indizien auf einen Attentismus.
Insgesamt muss die Entwicklung der Modernisierungsaktivitäten differenziert betrachtet werden. Für Ölkessel stärker als für Gaskessel gilt: Eine Verlangsamung beim Heizungstausch alter gegen neue Kessel ist aus Klimaschutzgesichtspunkten nicht unbedingt negativ zu bewerten. Bei einem großen Ölkesselbestand wie in Baden-Württemberg ergeben sich große Lock-In-Effekte, wenn beim Kesseltausch von Ölkesseln kein Energieträgerwechsel erfolgt. Diese Lock-In-Effekte erschweren es, die Klimaschutzziele zu erreichen, da diese Ölkessel dann weitere Jahrzehnte betrieben werden. Im Gegensatz dazu kann eine Verlangsamung eine „Atempause“ darstellen, die es ermöglicht, durch neue Instrumente eine Entscheidung für klimaschonendere Heizsysteme zu einem späteren Zeitpunkt zu erreichen. Unbedingt vermeiden sollte man in diesem Zusammenhang, die ineffizienten Öl-Niedertemperaturkessel weiterhin im Markt zu halten. Insofern ist die mengen-mäßige Begrenzung der Bioöl-Möglichkeit richtig.
- Die Betrachtung von Sanierungen der Gebäudehülle und weitere Effizienzmaß-nahmen zeigt: Herausragend in Baden-Württemberg ist die positive Entwicklung der Energieberatungen im Betrachtungszeitraum. Hier spielen sicherlich die guten Rahmenbedingungen für Energieberatung eine Rolle; ein zusätzlicher Impuls durch das EWärmeG ist aber wahrscheinlich.
Die KfW-geförderten Sanierungsmaßnahmen über die Programme Energieeffizient Sanieren – Einzelmaßnahmen und Zuschuss zeigen vor allem bei den Einzelmaß-nahmen eine bessere Entwicklung als im Bundesgebiet. Bei insgesamt vergleichbarer Entwicklung zeigt sich ein etwas schwächerer Trend zur Zuschussförderung als in anderen Ländern.
Insgesamt deutet die Sachlage bei Energieberatungen und KfW-geförderten Sanierungsmaßnahmen auf leicht positive Impulse durch das EWärmeG hin. Ein Durchbruch bei den für die Wärmewende notwendigen Gebäudesanierungen ist hinge-gen bislang ausgeblieben.
Schließlich ist insgesamt zu berücksichtigen, dass sowohl der Zeitpunkt von Effizienzmaßnahmen wie dem Kesseltausch als auch die Entscheidung für erneuerbare Energien durch vielfältige Ursachen beeinflusst werden. Gleiches gilt für die Maßnahmen zur Gebäudesanierung. Eine wesentliche Rolle spielt die Energiepreisentwicklung und die relative wirtschaftliche Attraktivität der einzelnen Energieträger. Aber auch andere Faktoren wirken sich auf die Entscheidung für oder gegen bestimmte Maßnahmen aus, etwa
- tagesaktuelle Diskussionen über Energiepreisbelastungen und Klimawandel
- Vorbilder im Umfeld, aber auch durch die öffentliche Hand
- Zugang zu allgemeinen Informationen sowie Beratung durch das Handwerk
- subjektive Investitionsentscheidungen und verhaltensökonomische Effekte
- Änderungen von Förderbedingungen bis hin zu Förderstopps.
Auch muss berücksichtigt werden, dass in Bezug auf eine Verlangsamung der Heizungsmodernisierung ein Attentismus teilweise ein Übergangsphänomen darstellt. Zudem bilden sich gegenläufige Vorzieheffekte, wie sie zum Teil um die Novelle des EWärmeG 2015 herum erkennbar waren: vor Inkrafttreten des Gesetzes steigt die Zahl der Kesseltäusche deutlich an, um nach Inkrafttreten umso stärker abzufallen. Vor allem aber sollte bei der Bewertung die langfristige Zielerreichung im Vordergrund stehen: eine Umstellung auf erneuerbare Energien hat langfristig deutlich größere CO2-Minderungseffekte als ein Austausch alter gegen neue fossil befeuerte Kessel. Auch bei einem Brennstoffwechsel von Heizöl auf Erdgas können größere CO2-Einsparungen erreicht werden als beim reinen Kesseltausch mit gleichbleibendem fossilem Energieträger (Lambrecht 2018). Daher kann es unter Umständen sinnvoll sein, begrenzte Verzögerungen wie oben für den Ölkesseltausch beschrieben in Kauf zu nehmen, um im Gegenzug Lock-in-Effekte durch nicht zielkonforme Anlagen und Geräte zu vermeiden.
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2 BDH (2016): Multimomentaufnahme für Neubau und Modernisierung in Baden-Württemberg. EWärmeG blockiert energetische Modernisierung. Stand 21.12.2016
3 BDH (2018): Multimomentaufnahme für Neubau und Modernisierung in Baden-Württemberg für die Jahre 2008–2016. EWärmeG blockiert energetische Modernisierung. Stand 31.01.2018
4 Persönliche Mitteilung Dr. Lothar Breidenbach, BDH, 6. Juli 2017
5 In den Jahren 2008 und 2009 gehen auf Basis von Angaben des Statistischen Landesamts Baden-Württemberg zu erneuerbaren Energien im Neubau sehr wenig Biomasse-Anlagen in neue Gebäude – explizite Angaben finden sich jedoch erst mit dem Jahr 2010, sodass die Angaben für die Vorjahre als weniger belastbar betrachtet werden müssen. Indirekt könnte dies auch Auswirkungen auf die Anlagen-zahlen im Gebäudebestand in 2008 und 2009 mit sich bringen.
6 Hierfür werden auf Basis der durchschnittlichen, jährlichen Leistungszugänge und der durchschnittlichen Leistung je Hausübergabestation die jährlichen Zugänge an Hausübergabestationen ermittelt.