Endbericht im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg
Heidelberg, Berlin, Freiburg, Karlsruhe, Rottenburg, 31. Oktober 2018 |

Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
BAFA | Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle |
BDH | Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie |
EE | Erneuerbare Energien |
EEG | Erneuerbare-Energien-Gesetz |
EEWärmeG | Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz |
EWärmeG | Erneuerbare-Wärme-Gesetz |
GEG | Gebäudeenergiegesetz |
KfW | Kreditanstalt für Wiederaufbau |
MAP | Marktanreizprogramm |
NWG | Nichtwohngebäude |
PV | Photovoltaik |
RP | Regierungspräsidien |
SFP | Sanierungsfahrplan |
THG | Treibhausgase |
uBRB | Untere Baurechtsbehörde |
WG | Wohngebäude |
7 Nichtwohngebäude
Mit der Novelle des EWärmeG wurden Nichtwohngebäude erstmalig als verpflichtete Gebäude mit einbezogen. Die Analyse der Erfüllungsoptionen erlaubt Schlussfolgerungen, inwieweit ausreichend viele Optionen vorliegen und wie wirksam diese sind. Die Wirksamkeit wurde auch für Produktionshallen untersucht, die derzeit vom EWärmeG ausgenommen sind.
Im Grundsatz geht es im EWärmeG darum, 15 Prozent des Wärmeenergiebedarfs – also der Wärmemenge, die ein Wärmeerzeuger an das Heizsystem abgibt – aus erneuerbaren Energien zu decken oder den Wärmeenergiebedarf um mindestens 15 Prozent zu reduzieren. Die ökologische Wirksamkeit von Maßnahmen misst sich hingegen daran, wieviel Primärenergie – d. h. der gesamte Energiebedarf des Gebäudes in den Bilanzgrenzen der EnEV einschließlich der vorgelagerten Prozesskette für die Energieträger/Brennstoffe – durch die jeweilige Maßnahme eingespart wird. Alternativ kann die Wirksamkeit auch über eine CO2,äq.-Einsparung ermittelt werden.
Gebäudebeschreibung
Für fünf typische Beispielgebäude, die zum einen die von der Nutzungspflicht erfassten Nichtwohngebäude in der Breite abdecken sowie von der Nutzungspflicht ausgenommen (Produktionshalle) wurden, wurden Berechnungen über eingesparte Endenergie, Primärenergie und CO2-Emissionen durchgeführt. Untersucht wurden:
- ein Bürogebäude (1.080 m² NGF)
- eine Schule (5.291 m² NGF)
- ein Discounter/Lebensmittelmarkt (1.600 m² NGF)
- ein Kongresszentrum mit Gastronomie (1.844 m² NGF)
- eine Produktionshalle (4.362 m² NGF)
Randbedingungen Die Berechnungen wurden mit DIN V 18599 als Mehrzonenmodelle mit dem Testreferenzjahr TRY12 durchgeführt, welches für den Standort Stuttgart (sowie auch für Karlsruhe, Mannheim, Freiburg u.a.) zutrifft. Die Abweichungen zu Berechnungen mit dem Testreferenzjahr TRY 4 (Potsdam), welches für die EnEV vorgeschrieben ist, lagen beim exemplarisch herangezogenen Bürogebäude im unteren einstelligen Prozentbereich.
Varianten Zur Erfüllung des EWärmeG gibt es zahlreiche Optionen. Die Wirksamkeit dieser Optionen wird nachfolgend dargestellt, wo möglich auch für Teilerfüllungen (5 %/10 %/15 %). Erfüllungsoptionen, die technisch nicht möglich sind, sind ausgespart. Grundsätzlich wurde angenommen, dass die Heizung getauscht wird gegen einen neuen Gas-Brennwertkessel (Erdgas H).
Die detaillierten Beschreibungen von Gebäuden und Varianten sowie der Randbedingungen sind in Anhang 14.7 dokumentiert.
Berechnungsergebnisse
7.2.1 Nutz‑, End- und Primärenergiebedarf aufgeteilt nach Heizung, Trinkwarmwasser, Kühlung, Belüftung und Beleuchtung
Sowohl in den Absolutwerten wie auch in der Verteilung auf Heizung, Trinkwarmwasser, Kühlung, Belüftung und Beleuchtung sind Nichtwohngebäude nicht nur von den Dimensionen des Gebäudes stark abhängig, sondern auch von der jeweiligen Nutzung. Nachfolgend ist der Ist-Zustand – vor dem Kesseltausch – der fünf herangezogenen Gebäude dargestellt. Die detaillierten Werte stehen im Anhang.





7.2.2 Wirksamkeit der Erfüllungsoptionen
Die Wirksamkeit von Maßnahmen lässt sich anhand der daraus induzierten Einsparungen ermitteln. Dabei ist zu berücksichtigen, dass hier nur eine begrenzte Anzahl an Beispielgebäuden bewertet werden kann und die Wirksamkeit der technischen Maßnahmen von Objekt zu Objekt stark schwankt.
In den Berechnungen wird nachfolgend dargestellt, welche Einsparungen (Primärenergie und CO2,äq.) durch die jeweiligen Erfüllungsoptionen erreicht werden. Optionen, die technisch nicht möglich sind (z.B. Wärmepumpe an Heizkörper 70/55), wurden nicht berücksichtigt. Die Holzzentralheizung (Pellets) deckt den gesamten Wärmebedarf, da hier bivalente Systeme nicht üblich sind. Bei allen fünf Gebäuden liegt die Nennwärmeleistung über 50 kW, deshalb wurde Biogas und Bioöl nicht berücksichtigt. Zur Bewertung des der Wärmenetzvariante wurde auf die Kennwerte des Fernwärmemix für Deutschland zurückgegriffen; nach den Minimalanforderungen des EWärmeG wären deutlich schlechtere Wärmenetze zulässig.
Die detaillierten Berechnungsergebnisse der Varianten mit den Absolutwerten für Endenergie, Primärenergie und CO2,äq. sind getrennt für die fünf Gebäude im Anhang dargestellt.
In den nachfolgenden Tabellen und Graphiken werden die relativen Einsparungen für CO2,äq. (Treibhausgase THG) und Primärenergie aufgezeigt, wenn anstatt lediglich eines neuen Gas-Brennwert-Kessels weitere Maßnahmen durchgeführt werden. Die detaillierte Beschreibung der Maßnahmen ist im Anhang dokumentiert. In den Graphiken und nachfolgenden Tabellen ist zu sehen, dass die erzielten Einsparungen sehr unterschiedlich ausfallen. Die Diskussion darüber ist im nachfolgenden Kapitel dokumentiert.




Interpretation der Berechnungen
Die Wirksamkeit hinsichtlich CO2- und Primärenergie-Einsparung ist sehr unterschiedlich, sowohl in Bezug auf die jeweilige Erfüllungsoption wie auch auf den Gebäudetyp.
7.3.1 Zur Verfügung stehende Erfüllungsoptionen
Insgesamt gibt es eine genügende Anzahl an Erfüllungsoptionen, u. a. die Möglichkeit, den Wärmeenergiebedarf durch beliebige Maßnahmen um 15 % zu reduzieren, die jede Menge Freiheitsgrade schafft.
7.3.2 Vergleich der Wirkung der Erfüllungsoptionen
Prinzipiell kann festgestellt werden, dass eine energetische Ertüchtigung desselben Gebäudes auf das im EWärmeG festgelegte Anforderungsniveau umso wirksamer ist, je schlechter der Ausgangszustand ist (z. B. eine Außenwand mit U=1,2 W/m²K). Auch spielen die geometrischen Verhältnisse der Außenbauteile zueinander hinsichtlich der Wirksamkeit auf das Gesamtgebäude eine Rolle. Des Weiteren differieren bei Nichtwohngebäuden – im Gegensatz zu Wohngebäuden – die Nutzungen viel stärker, was sich wiederum in der Wirksamkeit von Maßnahmen niederschlägt. So kann z. B. eine solarthermische Anlage im Sommer keine Wärme liefern – und somit auch nicht wirksam sein –, wenn kein Warmwasserbedarf vorhanden ist.
Die Wirksamkeit durch den Wechsel des Energieträgers hängt stark von der Bewertung der jeweiligen Energieträger ab. So hätte ein Biogas-Brennwertkessel primärenergetisch überhaupt keine Wirksamkeit, da nach EnEV der Primärenergiefaktor für Erdgas und Biogas gleich ist. Bezüglich der THG-Emissionen würden durch Biogas Verbesserungen ausgewiesen werden, sofern die vorgelagerte Prozesskette berücksichtigt wird. Auch bei Wärme- und Stromnetzen ist entscheidend, mit welchen Faktoren das jeweilige Netz bewertet wird.
Ohne Wechsel des Energieträgers oder Brennstoffs
Wird der Brennstoff nicht gewechselt, geht die Einsparung an Primärenergie nahezu analog zur Einsparung des Wärmeenergiebedarfs. Starke Abweichungen gegenüber einem Zielwert mit einer Einsparung von 5/10/15 % gibt es bei Solarthermie, Dach, Bauteilen nach unten sowie Abwärmenutzung über raumlufttechnische Anlagen mit Wärmerückgewinnung, wenn vorhandene alte WRG ersetzt wird.
Mit Wechsel des Energieträgers oder Brennstoffs
Im Vergleich der jeweiligen Mindesterfüllungen lassen sich die höchsten Einsparungen – sowohl Primärenergie wie auch THG – durch den Wechsel des Energieträgers erzielen. Wird die Wärmeversorgung an ein Wärmenetz angeschlossen, statt an einen neuen Gas-Brennwertkessel, können sowohl der Primärenergiebedarf wie die THG-Emissionen signifkant reduziert werden. Jedoch sind nach EWärmeG auch Wärmenetze zulässig, die diese Kennwerte verschlechtern. Auch Wärmenetze sollten daher auf einen perspektivischen Transformationspfad hin zu hohen Anteilen CO2-armer Brennstoffe geführt werden. Das Land ergreift mit dem Förderprogramm für Wärmenetze sowie weiteren Maßnahmen bereits wichtige Schritte in Richtung einer Dekarbonisierung von Wärmenetzen.
7.3.3 Empfehlungen
Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass Maßnahmen, die grundlegend technisch sinnlos sind – z. B. wenn es keinen Bedarf gibt und die Technik keinen Nutzen stiften kann –, auch nicht zur Anwendung kommen. Vor diesem Hintergrund relativieren sich die teilweise geringen Wirksamkeiten, die in den exemplarischen Berechnungen festgestellt wurden. Ein Nachjustieren von Kenngrößen (z. B. m² Kollektorfläche zu m² NGF) sehen wir daher nicht als zielführend, da sich diese Zielgrößen immer am – je nach NWG-Typ sehr unterschiedlichem – Bedarf orientieren müssten.
Alternativ könnten alle Optionen gestrichen werden und als Anforderungsgröße der Primärenergiebedarf herangezogen werden, der beim Kesseltausch um 15 % zu verringern ist. Wenn durch vorgezogene Maßnahmen – egal ob in der Technik, Hülle, Beleuchtung etc. – bereits Primärenergie eingespart wurde, kann dies für die Ausstellung der EWärmeG-Nachweise berechnet und entsprechend berücksichtigt werden. Festzulegen wäre, wie viele Jahre rückwärts oder ab welchem Datum die bereits durchgeführte Maßnahme berücksichtigt werden darf. Nachteilig an diesem Vorschlag ist allerdings, dass die Festlegung anrechenbarer Maßnahmen willkürlich erfolgen muss. Auch können durch diese Vorgehensweise Qualitätsanforderungen an die Heizungssysteme, z. B. Mindest-Jahresarbeitszahlen, umgangen werden. Daher wird dieser Vorschlag nicht weiterverfolgt.
Wir empfehlen, die Aufnahme folgender Erfüllungsoptionen zu prüfen:
- Verbesserung in der Beleuchtung (z. B. LED und Lichtsteuerung). Bei Nichtwohngebäuden kann der Anteil der Beleuchtung – je nach Nutzung – am Energiebedarf erheblich sein und zugleich sind hier durch aktuelle Systeme große Einsparpotentiale erzielbar.
- Verbesserung der Kälteerzeugung. Auch Maßnahmen bei der Kälteerzeugung, deren Anteil bei Nichtwohngebäude erheblich sein kann, können klimawirksam sein.
- Verbesserung der Peripherie (hydraulischer Abgleich, Reglungstechnik etc.) einschließlich der Stromeffizienz (Hocheffizienzpumpen, effiziente RLT etc.). Die Berechnungen haben ergeben, dass dadurch Einsparungen im Bereich von 10 Prozent bezogen auf den gesamten Wärmeenergiebedarf erreicht werden können.
Ein Vorschlag zur Operationalisierung wird in Kapitel 12 gemacht.
Des Weiteren empfehlen wir:
- Erweiterung des Bilanzierungsrahmens und der Anforderungen um den Kälteenergiebedarf analog zum EEWärmeG auf Bundesebene
- Eine Streichung des Ausnahmetatbestands EWärmeG § 2 (2) Nr. 13 für gewerbliche und industrielle Hallen zu prüfen, bei denen der überwiegende Teil der Nettogrundfläche der Fertigung, Produktion, Montage und Lagerung dient. Die Wirksamkeit der Maßnahmen nach dem EWärmeG wäre auch bei Produktionshallen gegeben. „Technisch“ gesehen gibt es daher keinen Grund für die Ausnahme. Bei anderen Ausnahmen aus EEWärmeG oder EnEV wie z. B. Kirchen, Bunker etc. ist davon auszugehen, dass diese auf Grund ihrer Nutzung einen geringen Energieverbrauch haben und daher mit gleichen Maßnahmen jeweils ein geringes Einsparpotential besteht. Bei Produktionshallen ist dem nicht so, hier wäre eine Wirksamkeit gegeben.